Stoff für die Erinnerung

Über die Ausstellung Material. Das weibliche Gedächtnis des GULAGs

Authors

  • Irina Scherbakowa

DOI:

https://doi.org/10.23777/sn.0225/eve_isch01

Keywords:

Gulag, women's history, museum, memorialisation, material culture

Abstract

„Ich bitte um Erlaubnis, ein Telegramm abzuschicken. Im Moment meiner Festnahme befanden sich zwei Kinder, zwei und vier Jahre alt, in meiner Wohnung!“ Diese Worte in einer schönen, geschwungenen Handschrift sind Teil der Ausstellung Material. Women’s Memory of the GULAG („Material. Das weibliche Gedächtnis des GULAGs“). Auch die Antwort des Gefängnisdirektors ist erhalten – kurz und knapp: „Abgelehnt!“ Über 100.000 Dokumente wurden von der russischen Stiftung und Menschenrechtsorganisation Memorial International gesammelt. Etwa zweihundert Alltagsgegenstände, selbstgebastelte Dinge – wie eine Nagelfeile aus einer Keramikscherbe oder eine Nadel aus einer Fischgräte, zum Teil nie verschickte Briefe und Zeichnungen – hatte die Stiftung für die Ausstellung Material. Das weibliche Gedächtnis des GULAGs 2021 im Kellergeschoß der Moskauer Memorial-Zentrale zusammengetragen. Die Ausstellung wurde kurz nach der Eröffnung geschlossen, Mitarbeiter:innen von Memorial Moskau haben aufgrund des politischen Drucks das Land verlassen. Die Kuratorin Irina Scherbakowa stellte in einem Workshop im Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien am 27. November 2024 Objekte dieser letzten Ausstellung vor und gab Einblicke in kuratorische Überlegungen. Ihren Einführungsvortrag drucken wir hier ab.

Author Biography

  • Irina Scherbakowa

    Irina Scherbakowa, geboren in Moskau, ist Historikerin, die bis 1987 als Germanistin und Übersetzerin deutscher Belletristik tätig war. Ab Ende der 1970er-Jahre sammelte sie Tonbandaufzeichnungen der Erinnerungen von Opfern des Stalinismus. Seit 1999 ist sie Vorstandsmitglied und Leiterin der Bildungsprogramme der Gesellschaft „Memorial“. Scherbakowa ist Autorin von drei Büchern: Nur ein Wunder konnte uns retten: Leben und Überleben unter Stalins Terror (Campus 2000), Zerrissene Erinnerung: Der Umgang mit Stalinismus und dem zweiten Weltkrieg im heutigen Russland (Wallstein 2010), Die Hände meines Vaters: Eine russische Familiengeschichte (Droemer Knaur 2017). Scherbakowa ist Trägerin des Carl-von-Ossietzky-Preises (2014), der Goethe-Medaille (2017) und des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst (2019).

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Published

2025-05-08

How to Cite

“Stoff für Die Erinnerung: Über Die Ausstellung Material. Das Weibliche Gedächtnis Des GULAGs”. 2025. S: I.M.O.N. Shoah: Intervention. Methods. Documentation. 12 (2): 127-33. https://doi.org/10.23777/sn.0225/eve_isch01.